Forschungsvorhaben zusammen mit Thomas Hauck am Institut für Entwerfen, Stadt und Landschaft der TU München (2009 - 2011)
Moderne Hochleistungsinfrastrukturen produzieren an ihren Grenzen bzw. im Schatten ihrer eigenen Raumkonfiguration akzidentelle Räume. Es ist eine Art Schattenstadt, die neben Autobahnen, Bahnlinien, Hoch- straßen, Pipelines, Leitungstrassen entsteht - urbaner Raum der nicht eindeutig definiert und selten geplant ist. Dort, wo Autostellflächen, Müllplätze, Abstandsflächen entstehen, verschwendet sich Stadt in ungezähltem Maß. Dieser Abfall erhält selten einen eigenen Namen oder eine Adresse: Unter Brücken. Am Parkplatz. An der Bahnlinie. Hinterm Stadion. An der Kläranlage. Ortsbeschreibungen, die überall zutreffen und unspezifischer nicht sein könnten.
Die Beschäftigung mit Infrastrukturräumen im urbanistischen Kontext muss daher immer auch eine Beschäftigung mit ihren Rändern sein. Mit ihren politisch-technischen Zielen der Versorgung und Erschließung von Raum strukturieren Infrastrukturen diesen nicht gleichmäßig, sondern schaffen Zentralitäten und Neben- schauplätze. Sind die Ränder dieser politischtechnischen konzipierten Raumstrukturen durchlässig und offen - erlauben sie also eine allgemeine Aneignung der Versorgungs- und Erschließungsleistungen - generieren sie öffentliche Räume und aktive Binnenräume.
Durch immer höhere Ansprüche an die Leistungsfähigkeit von Infrastrukturen und die dadurch notwendige größerer Effizienz wurden ihre Dimensionen vervielfacht, An- schlussstellen minimiert und ihre Ränder geschlossen. In diesen undurchlässigen Randbereichen zwischen Infrastrukturräumen und Stadt bzw. Landschaft bedarf es vor allem angesichts der weiterhin steigenden Dichte der Mobilitätsinfrastrukturen viel mehr an Ideen und Konzepten, diese Ränder zu gestalten - eine Aufgabe, der sich vor allem im experimentellen Bereich die entwerfenden Hochschulen stärker annehmen sollten.
Die Betrachtung dieser Räume im Rahmen eines Forschungsprojektes soll nicht zum Ziel haben, Rezepte für eine Kosmetik dieser Infrastrukturränder zu finden, sondern vielmehr ihre Potentiale als öffentliche Räume zu entwickeln, die eigene ästhetische Ausdrucksformen mit sich bringen. Denn genau an diesen Rändern kann der öffentliche Raum seine vergessenen Potentiale als Raum der Heterogenität entfalten, weil er eine Raumkonzeption, eine Phantasmagorie ist, egal ob als urbaner öffentlicher Raum oder als landschaftlicher öffentlicher Raum, der das Dazwischen-Sein, das Ertragen eines Konfliktes leisten kann und einer zeitgemäßen Urbanität als fragilem Überlagerungszustand Präsenz verschafft. Die Uneindeutigkeit des öffentlichen Raumes zwischen den Polen Mobilität und Lokalität, sein Unvermögen, sich auf eine der beiden Seiten zu schlagen, auch sein Unvermögen, eine Versöhnung oder einen Ausgleich zwischen den beiden Polen herzustellen und den Zustand des Dazwischen-Seins zu verlieren, macht ihn zu einem Modell für den phantasmagorischen Blick auf die urbane Stadt.
Infrastructural Urbanism - Addressing the In-between
Zu unserem Forschungsfeld des Infrastruktururbanismus ist zur Frankfurter Buchmesse im Oktober 2011 das Buch "Infrastructural Urbanism - Addressing the In-between" erschienen. Hg. von Volker Kleinekort mit zwei Forschungspartnern der Architektur Fakultät der TU München, Thomas Hauck und Regine Keller, bei DOM publishers, Berlin.